Alleine 300 Salafistinnen in NRW Sehnsucht nach einem Leben in Gottesstaat: Behörden warnen vor weiblichen Salafisten

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Firil Center For Studies FCFS. Berlin. Q. FOCUS.

Der Traum vom Leben in einem Islamischen Gottesstaat ließ sie nicht los. Deshalb absolvierte Diana R. in einem Altersheim Doppel-Schichten. Die heute 29-jährige Konvertitin zog es zu den Terror-Milizen „Islamischer Staat“ (IS).





Die Altenpflegerin aus Hessen wollte mit ihrer damals dreijährigen Tochter Medine (Name geändert) und ihrem neuen Partner unbedingt nach Syrien auswandern. Ihre Freundin Sybille hatte der radikal-islamischen Salafistin via Facebook vom Leben im Kriegsgebiet vorgeschwärmt, hatte mit dem Heldentum ihres Mannes geprahlt, der an der Front auf die feindlichen Linien des syrischen Baschar al-Assad zugelaufen und durch einen Kopfschuss gefallen war.

„Die Medien zeigen das nur so“

Diana R. sehnte sich nach einem Leben im Gottesstaat. Ihre Tochter sollte dort eine streng islamische Schule besuchen, die Gräuel des IS blendete sie aus. Alles durch den Westen gestreute Propaganda, glaubte die radikal-islamische Salafistin. Etwa jene Berichte über Massentötungen jesidischer Kurden. „Die Medien zeigen das nur so. Ich denke das Leben hier ist gefährlicher als im Kriegsgebiet“, gab die junge Mutter nach ihrer gescheiterten Ausreise zum IS zu Protokoll.

Am Ende der Vernehmung im Januar 2015 beteuerte die Fundamentalistin, ihre Auswanderungspläne nach Syrien ad acta gelegt zu haben. In abgehörten Telefonaten stellten hessische Staatsschützer allerdings das Gegenteil fest. Kontaktleute in Syrienließ sie wissen, dass das Projekt nur aufgeschoben sei. In der Folgezeit stand die Salafistin unter dem Verdacht der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat.

Jeder zehnte Salafist ist weiblich

Diana R. zählt zur steigenden Zahl militanter Muslima, die den Sicherheitsbehörden hierzulande zunehmend Probleme bereiten. Allein in NRW, mit gut 3000 Salafisten der Radikalen-Hot-Spot der Republik, ist inzwischen gut jeder zehnte weiblich. Dies geht aus einem Bericht auf eine kleine Anfrage der Grünen im Düsseldorfer Landtag hervor.

Demnach gehören inzwischen auch elf Frauen zu den 253 islamistischen Gefährdern im bevölkerungsreichsten Bundesland. Die Kategorie gewaltbereiter Eiferer wird durch die leicht abgestufte Rubrik „Relevante Personen“ ergänzt: Hier ist bereits jede fünfte der 134 Extremisten weiblichen Geschlechts. Von den 255 Dschihadisten, die in die Kampfgebiete im Irak und Syrien gelangten, waren knapp ein Drittel Frauen oder Mädchen. Zurück kehrten insgesamt 75 Kriegsveteranen, darunter 15 Islamistinnen.

IS-Rückkehrer werden zum Problem

Nach weitreichenden Gebietsverlusten des IS im Irak und in Syrien warnte Hans-Georg Maaßen, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, bereits im Dezember vor verstärkten Rückreisen „von Frauen, Jugendlichen und Kindern”. Hintergrund seien Bestrebungen der Kämpfer, ihre Angehörigen vor den Kriegsgeschehnissen in Sicherheit zu bringen und sie deshalb in den Westen zurückzuschicken. Damit fangen die Schwierigkeiten aber an: „Es gibt Kinder, die in den ‘Schulen’ im ISIS-Gebiet einer Gehirnwäsche unterzogen wurden und in starkem Maße radikalisiert sind”, berichtete Maaßen. „Für uns ist das ein Problem, weil diese Kinder und Jugendlichen mitunter gefährlich sein können.”

Auch ihre Mütter stellten zum Teil eine Bedrohung dar. „Frauen, die in den vergangenen Jahren in IS-Gebieten gelebt haben, sind oftmals derart radikalisiert und identifizieren sich so mit der IS-Ideologie, dass man sie mit Fug und Recht auch als Dschihadistinnen bezeichnen kann.“ Das bedeute nicht immer, dass sie auch bereit wären, Terroranschläge zu begehen. „Aber wir müssen auch diese Frauen im Blick behalten.“

Gefährliche „Schwesternnetzwerke“

Die Justiz hat diese Forderung aufgenommen. Generalbundesanwalt Peter Frank kündigte bereits Ende 2017 an, man werde künftig auch härter gegen IS-Rückkehrerinnen vorgehen. Nach Ansicht der Karlsruher Ankläger reicht es schon aus, sich den Terror-Milizen angeschlossen zu haben, ohne selbst zur Waffe zur greifen. Allerdings stoßen die Ankläger aus Karlsruhe mit dieser Sicht bei den Gerichten bisher auf große Skepsis.

Zunehmende Sorge bereiten den Staatsschützern mittlerweile auch radikale „Schwesternnetzwerke“. Weil viele charismatische Führungspersonen der salafistischen Szene in Haft sitzen oder noch in Syrien, Irak oder Libyen für das Großkalifat streiten, füllen Frauen hierzulande die Lücken. Via Radikalen-Chats geben sie Tipps zur Kindererziehung, zur richtigen Ernährung oder zum Umgang mit den Kuffar (Ungläubige).

Gattin des Sauerland-Anführers wird selbst aktiv

Nadine H., Frau eines inhaftierten islamistischen Hetzers, soll eine Gruppe einer geheimen Koranschule (Madrasa) in Dortmund die rückwärts gewandten Salafisten-Ideologie eingebläut haben. Zu diesem Schluss gelangte das Landeskriminalamt in Nordrhein-Westfalen. Filiz G., Gattin des ehemaligen Anführers der so genannten „Sauerländer Terrorzelle“, die 2007 mit Autobomben ein Blutbad anrichten wollte, agitiert offenbar nach wie vor für ein Leben gemäß der Scharia (überlieferte islamische Rechtssammlung) und für einen Gottesstaat. So soll die Fundamentalistin bei einer großen Facebook-Gruppe mit 3000 Mitgliedern für Spenden zur Unterstützung islamistischer Gefangener werben.

Für die NRW-Grünen-Abgeordnete Verena Schäffer steht fest, „dass Frauen in der Szene keine Mitläuferinnen sind. Sie haben eine aktive Rolle, organisieren, bilden Netzwerke und können auch Täterinnen sein.“ Ein steigender Frauenanteil, so Schäffer weiter, sei unter Salafisten ein klares Indiz dafür,  dass sich die Szene verfestige.

„Wir kennen das Phänomen aus dem Rechtsextremismus: Wenn Männer eine Frau kennenlernen, die nicht in der Szene ist, steigen sie womöglich aus“, sagt Schäffer. „Dazu haben sie aber keinen Grund mehr, wenn es auch Frauen um sie herum gibt, die derselben Ideologie folgen.“ Deshalb fordert die Parlamentarierin „mehr Präventionsprogramme, die sich an Salafistinnen und salafistische Familien richten“.

Für die Kinder ist der IS-Kalif der Führer

Wie manche Hardcore-Muslime ihre Kinder im 21. Jahrhundert erziehen, schilderte eine Muslima, deren Mann durch den inhaftierten Hassprediger Abu Walaa aus Hildesheim für den Dschihad in Syrien rekrutiert worden sein soll. So wurde ein siebenjähriger Junge namens Islam mit einer Schusswaffe abgelichtet. Manch andere Kinder aus dem Kreis um Abu Walaa seien so radikalisiert, dass sie viel über das Töten fabulierten, berichtete die Frau in ihrer Vernehmung.

Für die Kinder sei der selbsternannte IS-Kalif Abu Bakr al Baghdadi der Führer. „Die waren zum Beispiel mal im Schwimmbad. Wenn sie ins Wasser sprangen, riefen sie ‘Allahu Akbar!’“. Laut ihren Angaben habe ihr Mann stetig versucht, dem älteren Sohn IS-Hinrichtungsvideos vorzuführen. Stets suchte sie dies zu verhindern. Achselzuckend erwiderte der Gatte, dann werde er seinem Sohn die Clips eben später zeigen. Firil Center For Studies FCFS. Berlin. Q. FOCUS.